200 Jahre Herrschaftsgeschichte in Stein - Die Epitaphe der Stiftskirche

Epitaphe in der Stiftskirche  

200 Jahre Herrschaftsgeschichte in Stein

Die Epitaphe der Stiftskirche in Bad Grönenbach

200 Jahre Herrschaftsgeschichte in Stein – Die Epitaphe der Stiftskirche in Bad Grönenbach

Ludwig von Rothenstein

Vielleicht sind Sie bisher eher achtlos daran vorbeigelaufen oder haben sie schon mal genauer betrachtet. In jedem Fall sind die kunsthistorisch wertvollen Epitaphe in der Stiftskirche immer einen Blick wert. Zeigen diese doch rund 200 Jahre Herrschaftsgeschichte in unserem Ort. 


Das älteste, dem Steinmetz Niklas Türing zugeschriebene Epitaph an der Westwand rechts des mittigen Eingangsportals zeigt Ludwig von Rothenstein († 1482). Von ihm haben wir schon in einem früheren Artikel ausführlich berichtet, daher widmen wir uns nun den anderen Epitaphien und Personen.

Der nächste Verwandte Ludwigs findet sich auf dem Epitaph an der anderen Seite des Eingangsportals, sein Großneffe Alexander von Pappenheim (dessen Großmutter Corona von Rothenstein war eine Schwester Ludwigs). Alexander war nicht nur in Grönenbach tätig, so war er im Jahr 1488 in Brügge daran beteiligt, König Maximilian I. aus der Gefangenschaft zu befreien. Der dem Waffenhandwerk nicht abgeneigte Pappenheimer legte sich zur Durchsetzung seiner wirklichen oder vermeintlichen Rechte sowohl mit dem Kloster Ottobeuren wie auch mit seinem Lehensherrn, dem Fürstabt in Kempten an. Er verstarb 1511 im Alter von 76. Sein Epitaph wird dem Kemptener Bildhauer Lux Maurus zugeschrieben.


Seinen Sohn Heinrich Burghard I. († 1547) und Enkel Alexander II. († 1612) finden wir auf dem großen, leider schon sehr verwitterten Doppelepitaph auf der linken Hälfte. Heinrich Burghard war Landvogt des Fürststifts Kempten. In seine Zeit als Landvogt fällt der Fall und die Hinrichtung des Grönenbacher Laienpredigers Hans Häberlin. Alexander II. war in seinen 82 Jahren weit gereist und wohl hochgebildet. Er besuchte die Universitäten in Freiburg, Ingolstadt und Löwen. Spätere Reisen führten ihn nach Flandern, Holland, Seeland und bis nach England, um seine Ausbildung zu ergänzen. Er begleitete Kaiser Karl V. auf seiner Huldigungsreise durch die Niederlande und später zum Reichstag nach Augsburg, ebenso zur Abdankung des Kaisers 1555 nach Brüssel. Danach widmete er sich vermehrt seiner Heimat Grönenbach und übte ab 1590 das Seniorat des Hauses Pappenheim aus. Mit seinem Vetter Philipp von Pappenheim einigte er sich auf die Simultannutzung der Stiftskirche durch die katholischen und reformierten Gläubigen. Beide errichteten ebenfalls das 1572 abgebrannte Kollegiatstift neu. Die rechte Hälfte des Doppelepitaphs zeigt die Tochter Alexanders II, Anna von Pappenheim. Sie war in zweiter Ehe mit Ottheinrich Fugger vermählt, womit der Grönenbacher Besitz mit dem Tode Alexanders II. an die Fugger überging, da es keinen männlichen Erben mehr gab. Alexander II. hatte sehr wohl einen Sohn, dieser ist jedoch noch vor seinem Vater im jungen Alter von 28 Jahren im Jahr 1599 verstorben. Für ihn, Joachim von Pappenheim, wurde das überlebensgroße Epitaph rechts an der Westwand errichtet. Geschaffen wurde das Epitaph, das den Marschall im Prunkharnisch darstellt, von Esaias Gruber dem Jüngeren aus Lindau. 

Alexander von Pappenheim (* 1435; † 1511)

An Nordwand der Stiftskirche, nahe dem Seitenaltar, befindet sich das Epitaph Wolfgang von Pappenheims. Er war ein Cousin Heinrich Burghard I., hatte ab 1539 das Seniorat der Pappenheimer inne und starb 1558 auf Schloss Kalden am „Montag vor den hailigen drey Kinig Tag zwische 2 und 3 nachmittag“ wie die Inschrift des Endras Maurus zugeschriebenen Epitaphs berichtet. Daneben in der Wand ist vom gleichen Künstler das Epitaph seiner Ehefrau Margareta, geb. von Roth eingelassen. Sie verstarb bereits 1555. Nach dem Tode Wolfgangs unternahmen seine Söhne eine Wallfahrt nach Jerusalem, auf dessen Weg Philipp von Pappenheim in der Schweiz zum reformierten Glauben wechselte und so die Reformation in Grönenbach einführte.


Nehmen Sie sich gerne etwas Zeit bei ihrem nächsten Besuch in der Stiftskirche und betrachten die Denkmäler genauer, in dem die lateinische Inschrift über Alexander II. u. a. berichtet: „Der Geduldigste der Arbeit, der Wahrhaftigste, der schärfste Hasser von Vortäuschung und Verstellung, von seltener uralter Tugend.“ Die Inschrift selbst ist stark verwittert, jedoch in einer Pappenheimer Chronik von 1739 überliefert.

Hans Philipp von Rechberg und Hohenrechberg, sowie seine Ehefrau Anna von Pappenheim

Quellen

  • Kath. Pfarramt St. Philippus und Jakobus, Grönenbach (Hrsg.): Stiftskirche Grönenbach. 1994, ISBN 3-930102-83-8
  • Werner Grundmann: Epitaphe der Lindauer Esaias-Gruber-Werkstatt im Umkreis von Memmingen. In: Memminger Geschichtsblätter, Heimatpflege Memmingen e.V., 1970
  • Dr. habil. Gertrud Otto: Der Grabstein des Alexander von Pappenheim in Grönenbach. In: Der Spiegelschwab, Nr. 7, 1950
  • Hans Schwackenhofer: Die Reichserbmarschälle, Grafen und Herren von und zu Pappenheim. Walter E. Keller, Berlin 2002, ISBN 3-934145-12-4
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Bayern III – Schwaben. Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 2008, ISBN 978-3-422-03116-6
  • Joseph Sedelmayer: Geschichte des Marktfleckens Grönenbach. Hrsg.: Historischer Verein zur gesamten Förderung der Heimatkunde des Allgäus. Buchdruckerei der Jos. Kösel’schen Buchhandlung in Kempten, Kempten 1910
  • M. Johann Alexander Döderlein: Historische Nachrichten von dem ur-alten Hochpreislichen Haus der Kaiserlichen und des Reichs Marschallen von Palatin, Und der Davon abstammenden ehe- und dermahligen Reichs-Erb-Marschallen, Herren und Grafen zu Pappenheim, etc. Johann Jacob Enderes, Hoch-Fürstl. privil. Buch-Händler, 1739
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