Bad Grönenbach, einer von drei Kneippkurorten im Unterallgäu, verdankt sein Kur- und Gesundheitswesen nicht zuletzt der Zeit, die Sebastian Kneipp von Mai 1842 bis Juli 1843 hier in unserem Ort verbrachte.
Geboren 1821 in Stephansried bei Ottobeuren, als Sohn eines Webers, musste er an seinem 20. Geburtstag mit ansehen, wie sein Elternhaus am 17. Mai 1841 mit all seinen Ersparnissen abbrannte. Das Feuer zerstörte dabei nicht nur sein Elternhaus, sondern nahezu den gesamten Ort Stephansried. So führte ihn sein Weg ein Jahr später nach Grönenbach, wo er eine Anstellung als Knecht im Hof des Ortsvorstehers Schmid am Marktplatz fand. In seiner Zeit in Grönenbach hatte Kneipp auch die Gelegenheit Lateinunterricht bei seinem entfernten Verwandten, Kaplan Matthias Merkle, dem späteren Abgeordneten im Bayerischen Landtag, im Stift zu erhalten. Sein sehnlichster Wunsch war es, das Abitur nachträglich zu machen, um danach Theologie studieren zu können und Priester zu werden. 1848 war es dann so weit, er konnte sein Studium in Dillingen beginnen. Über seinen Förderer Merkle hat Sebastian Kneipp wohl auch in Bad Grönenbach die Bekanntschaft mit dem ehemaligen evangelischen Grönenbacher Pfarrer Christoph Ludwig Köberlin gemacht, der ihn für die Welt der Pflanzenheilkunde begeistert hat.
Doch wie waren die damalige Zeit und unser Ort eigentlich während seines Aufenthaltes? Grönenbach war deutlich kleiner, sowohl was die Einwohnerzahl von damals mit rund 2.200 Einwohnern betraf als auch die Ausdehnung des Gemeindegebietes – so kam die Gemeinde Zell erst mit der Gemeindegebietsreform 130 Jahre nach seinem Aufenthalt zu Grönenbach.
Die sonntägliche Messe besuchte er in der seit dem 17. Jahrhundert „prächtig ausgeschmückten“ barocken Stiftskirche (ab 1884 neugotisch, in den 1960er und 1980/90er-Jahren erneut umgestaltet), allerdings musste er auf das Glockengeläut achten. Die evangelische Kirche bekam ihren Kirchturm erst 1880, was dazu führte, dass in der Stiftskirche für beide Konfessionen bei Gottesdiensten oder Beerdigungen geläutet wurde. Sollte er danach zum Frühschoppen gegangen sein, konnte er sich in einem der hiesigen Gasthäuser Grönenbacher Bier ausschenken lassen. Die Brauerei auf dem Schlossberg (1695 – 1919 in Betrieb, heutiges Ringeisenhaus) führte zu Kneipps Zeit in Grönenbach Braumeister Alexander Madlener von Ottobeuren. Bezahlen musste er dieses mit Gulden, Kreuzern, Pfennigen und Hellern. Die Mark als Währung sollte erst 1871 Einzug halten. Umgerechnet auf die heutige Kaufkraft entspricht 1 Gulden von damals ca. 20 Euro, wobei 60 Kreuzer einem Gulden entsprachen und die Maß Bier 1843 ca. 6 Kreuzer kostete. Ein Knecht verdiente zwischen 24 und 60 Gulden im Jahr. Mögliche Streitigkeiten konnte er direkt vor dem königlich bayerischen Amts- und Landgericht im Hohen Schloss austragen. Dieses war nach der Säkularisation ab 1804 bis Ende der 1870er-Jahre dort untergebracht.
Nun hat Sebastian Kneipp nie selbst in Grönenbach gewirkt, dennoch lässt sich der Beginn des Kur- und Gesundheitswesens in unserer Gemeinde auf seine „Lehre“ zurückführen. Die ersten Kneippanwendungen wurden ab 1939 im Kurheim „Bad Clevers“ verabreicht. 10 Jahre später wurde im heutigen Haus des Gastes eine Kneipp-Kuranstalt errichtet. Auch die erste Kneipptretanlage entstand 1949 am ehemaligen Forstamt. All dies führte dazu, dass Grönenbach 1954 als Kneippkurort und 1996 als Kneippheilbad anerkannt wurde. Seit dem 1. April 1997 ist unser Ortsname offiziell „Bad“ Grönenbach.
An den Aufenthalt Sebastian Kneipps erinnert bis heute auch im Ortsbild seine Brunnenfigur am Marktplatz, die ihn als jungen Lateinschüler zeigt und auch die Gedenktafeln und Büsten am Raiffeisenbankgebäude, seiner ehemaligen Wohn- und Arbeitsstätte.