Reformation in Grönenbach – eine der ältesten Gemeinden Deutschlands

Reformation in Bad Grönenbach  

Reformation in Grönenbach – eine der ältesten Gemeinden Deutschlands

„Geheime“ Predigten im Unteren Schlössle, Exhumierungen auf dem Friedhof in Zell, Auswanderungen in den Raum Magdeburg und Zürcher Gesangsbücher in der evangelischen Kirche – all dies sind Teile der bewegten und in der Vergangenheit nicht immer einfachen Geschichte der Reformation in Bad Grönenbach.


Doch gehen wir an die Anfänge der Reformation in unserem Ort zurück. Über einen ersten frühen reformierten Laienprediger Hans Häberlin wurde schon in einem vorherigen Artikel berichtet. Nach dessen Hinrichtung 1526 bei Leubas begann die eigentliche Reformation in Grönenbach 33 Jahre später im Jahr 1559 durch Philipp von Pappenheim, einem Ururgroßneffen Ludwigs von Rothenstein.


Philipp und zwei seiner Brüder brachen nach dem Tode ihres Vaters Wolfgang 1558 (sein Epitaph befindet sich in der Stiftskirche) zu einer Wallfahrt nach Jerusalem auf. Allerdings brach Philipp die Reise vorzeitig ab und kam in der Schweiz in Zürich mit der neuen reformierten Lehre nach Zwingli und Calvin in Kontakt. Begeistert und überzeugt wechselte er noch in der Schweiz zum reformierten Glauben und kehrte nach Grönenbach zurück. Nach dem Rechtsprinzip „Cuius regio, eius religio“ (wessen Gebiet, dessen Religion), das im Augsburger Religionsfrieden ausgehandelt wurde, hatte dies ab 1559 für seine Untertanen im Gebiet Grönenbachs ganz praktische Auswirkungen, denn nun hatten diese keine Wahl mehr und mussten ebenso wir Ihr Herr zum reformierten Glauben wechseln.

Ev.-ref. Kirche in Bad Grönenbach

In der Anfangszeit verlief es zwischen beiden Konfessionen in Grönenbach noch eher harmonisch. So einigte sich Philipp mit seinen Verwandten auf die Simultannutzung der Stiftskirche. Während des 30-jährigen Krieges änderte sich dies allerdings. Philipp war verstorben und die Fugger, mittlerweile Inhaber der Herrschaft Grönenbach, schafften diese Regelung 1621 ab. In den Jahren danach wurden daraufhin im „geheimen“ im Unteren Schlössle durch die Witwe Philipps Anna von Pappenheim evangelisch-reformierte Predigten abgehalten. Dies geschah so lange, bis der Prediger Adolf Langhans verhaftet und auf der Burg Liebenthann des Fürstabts von Kempten inhaftiert wurde. Auch nach Ende des 30-jährigen Krieges blieben die Spannungen um Kirchennutzung, Heirat und Begräbnis weiterbestehen. So wurde 1670 ein auf dem Friedhof in Zell bestatteter reformierter Bürger noch am gleichen Tag exhumiert und nach Herbishofen umgebettet, da der Dekan von Zell kein solches Begräbnis zwischen den Gräbern der Katholiken duldete. Weitere Repressalien des Fürstabts von Kempten veranlassten 1697/1704 einige reformierte Gläubige zur Auswanderung nach Burg bei Magdeburg.


Nach der Säkularisation 1803 nahmen die Konflikte zwischen den Konfessionen zwar mehr und mehr ab, blieben aber bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zumindest unterschwellig bestehen. Die reformierte Gemeinde erhielt schon 1649 die von den Schweden 1633 zerstörte Spitalkirche am Marktplatz zum Wiederaufbau und zur Nutzung und erwarb diese 1808. Der Ursprung und Bezug zur Schweiz unserer reformierten Gemeinde, eine der ältesten in Deutschland, zeigt sich bis heute in der Verwendung der schweizerischen Gesangsbücher, die in der evangelischen Kirche verwendet werden.


Von den geschilderten Konflikten der vergangenen Jahrhunderte zwischen den Konfessionen in unserem Ort ist heute nichts mehr zu spüren. Doch zeigt der Blick zurück, dass dies nicht immer eine Selbstverständlichkeit war. Selbst von Seiten des Gesetzes existierten noch bis Ende der 1960er-Jahre konfessionsgetrennte Klassen an unserer Schule. 

Ev.Ref. Kirche am Marktplatz, Bad Grönenbach

Quellen

  • Joseph Sedelmayer: Geschichte des Marktfleckens Grönenbach. Hrsg.: Historischer Verein zur gesamten Förderung der Heimatkunde des Allgäus. Kempten 1910
  • Kath. Pfarramt St. Philippus und Jakobus, Grönenbach (Hrsg.): Stiftskirche Grönenbach. 1994, ISBN 3-930102-83-8
  • Presbyterien der Ev.-ref. Kirchengemeinden Bad Grönenbach und Herbishofen (Hrsg.): 450 Jahre Evangelisch – reformierte Kirchengemeinen in Bad Grönenbach und Herbishofen. 2009
  • Homepage der ev.-ref. Gemeinde Bad Grönenbach 
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